Urteil des AG Lörrach vom 3. März 2025 (Az. 3 C 1099/24)
1 | Einleitung
Löschverlangen nach Art. 17 DSGVO gehören zum Alltag praktisch jeder Datenschutzabteilung. Doch wie weit reicht die Pflicht, den Vorgang zu belegen? Das Amtsgericht Lörrach hat mit seinem Urteil vom 3. März 2025 eine viel beachtete Klarstellung getroffen: Betroffene können zwar die Beseitigung unrechtmäßig erhobener Daten verlangen, nicht jedoch einen formellen „Lösch‑Nachweis“ einfordern. Damit stärkt das Gericht das Grundprinzip der Datensparsamkeit und entlastet Verantwortliche von zusätzlichem Dokumentationsaufwand.
2 | Sachverhalt
Ein Vermieter hatte seinen Mieter heimlich fotografiert und gefilmt, um eine angeblich gewerbliche Nutzung der Mieträume zu belegen. Der Mieter beanstandete die Aufnahmen als rechtswidrig, verlangte deren Löschung und eine schriftliche Bestätigung, dass alle Dateien dauerhaft entfernt worden seien. Als der Vermieter die Bestätigung verweigerte, landete der Streit vor dem AG Lörrach.
3 | Die Entscheidung in Kürze
Das Gericht gab dem Mieter hinsichtlich der Löschung recht, wies aber den Anspruch auf einen eigenständigen Lösch‑Nachweis zurück. Zur Begründung führte es aus, dass Art. 5 Abs. 2 DSGVO („Accountability“) keine proaktive Vorlagepflicht enthält; der Verantwortliche müsse seine Rechtskonformität nur darlegen können, falls sie angezweifelt werde.
4 | Zentrale Erwägungen des Gerichts
-
Abstrakte Rechenschaft genügt.
-
Die DSGVO verlangt nicht, dass Verantwortliche jedem Löschbegehren automatisch ein detailliertes Protokoll beilegen. Entscheidend ist vielmehr, dass sie den Löschvorgang im Streitfall gegenüber Behörden oder Gerichten belegen können.
-
Widerspruch zum Löschzweck.
Ein Anspruch auf Vorlage von Lösch‑Logs würde den Sinn der Datenvernichtung unterlaufen, weil dadurch neue personenbezogene Informationen (z. B. Zeitstempel, Dateipfade) entstehen würden. -
Unterlassung bleibt durchsetzbar.
Neben der Löschung kann die betroffene Person verlangen, dass ähnliche Aufnahmen künftig unterbleiben – eine Konsequenz aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO, die das Gericht ausdrücklich bestätigt.
5 | Praktische Bedeutung
Für Unternehmen bedeutet das Urteil eine spürbare Entlastung: Sie müssen keine aufwendigen Berechtigungs‑ oder Rollenkonzepte entwickeln, um Lösch‑Protokolle an Betroffene herauszugeben. Gleichwohl bleibt die Beweislast beim Verantwortlichen – interne, revisionssichere Dokumentation bleibt also unerlässlich
6 | Handlungsempfehlungen
-
Löschprozesse intern dokumentieren. Nutzen Sie möglichst datensparsame Logs, die keine neuen sensiblen Inhalte erzeugen.
-
Kurzbestätigung statt Detailprotokoll. Eine formlose Mitteilung („Ihre Daten wurden am … gelöscht.“) erfüllt die Informationspflicht, ohne Datenschutzrisiken zu schaffen.
-
Beweisstrategie hinterlegen. Für den Ernstfall sollten eidesstattliche Versicherungen oder notarielle Bestätigungen vorbereitet sein, um die Löschung nachzuweisen, ohne Protokolle offenlegen zu müssen.
-
Unterlassung technisch absichern. Passen Sie Systeme und Policies so an, dass erneute unzulässige Aufnahmen verhindert werden.
7 | Ausblick
Höhere Instanzen oder der EuGH haben sich zur Frage des Lösch‑Nachweises bislang nicht geäußert. Eine unionsweite Klärung bleibt daher möglich.
Verantwortliche sind gut beraten, ihre Dokumentation so zu gestalten, dass sie im Bedarfsfall offengelegt werden kann – jedoch nur gegenüber Aufsichtsbehörden oder Gerichten und nicht routinemäßig gegenüber Betroffenen.
8 | Kontakt
Sie möchten Ihre Lösch‑Workflows prüfen oder verschlanken? Die Datenschutz‑Expert*innen von Bitkom Consult unterstützen Sie gern – von der Prozessanalyse über Schulungen bis zur Notfall‑Beweisführung. Schreiben Sie uns an datenschutz@bitkom‑consult.de.
(c) 2025 Bitkom Consult – Ihr Datenschutz‑Update